Arbeitsunfähigkeit: Rechte, Pflichten und wichtige Tipps für Arbeitnehmer
Alles, was Sie über Arbeitsunfähigkeit wissen müssen – von der Krankmeldung bis zur Lohnfortzahlung
In diesem Ratgeber finden Sie umfassende Informationen zum Thema Arbeitsunfähigkeit und was Arbeitnehmer in Deutschland dabei beachten sollten. Die rechtlichen Grundlagen, Ihre Pflichten und Ansprüche sowie weiterführende Tipps stehen im Mittelpunkt. Lesen Sie, wie sich Arbeitsunfähigkeit von Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit unterscheidet, was bei einer Krankmeldung zu beachten ist und wie Sie Ihre Rechte im Arbeitsrecht wahren. Außerdem erhalten Sie Handlungsempfehlungen für den Ernstfall.

[fs-toc-h2]1. Definition und Bedeutung von Arbeitsunfähigkeit
Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit, eines Unfalls oder einer anderen gesundheitlichen Beeinträchtigung seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung vorübergehend nicht erbringen kann. Die Arbeitsunfähigkeit muss ärztlich festgestellt und in der Regel durch eine sogenannte AU-Bescheinigung (Krankmeldung) belegt werden.
- Arbeitsunfähigkeit wird häufig mit dem Begriff „Krankschreibung“ gleichgesetzt.
- Voraussetzung ist, dass die ausgeübte Tätigkeit nicht oder nur unter unzumutbaren Schmerzen sowie Einschränkungen ausgeführt werden kann.
- Rechtlich relevant wird der Begriff, weil er die Pflicht zur Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber in den ersten sechs Wochen der Krankheit auslöst und möglicherweise weitergehende Ansprüche (z. B. auf Krankengeld) begründen kann.
Warum ist die Definition so wichtig?
Wer genau versteht, was Arbeitsunfähigkeit bedeutet, kann seine Rechte und Pflichten gezielt wahrnehmen. Gerade im Arbeitsrecht dient die genaue Abgrenzung dazu, Missverständnissen vorzubeugen und die Anspruchsgrundlagen zu klären.
[fs-toc-h2]2. Arbeitsunfähigkeit, Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit im Vergleich
Vielen Menschen ist nicht klar, dass es erhebliche Unterschiede zwischen diesen drei Begriffen gibt. Zur besseren Übersicht sehen Sie hier eine tabellarische Gegenüberstellung:

Aus der Tabelle wird deutlich, dass Arbeitsunfähigkeit nicht zwangsläufig bedeutet, berufsunfähig zu sein. Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit sind zumeist langfristige oder dauerhafte Zustände und berühren andere Versicherungsbereiche als die reine Lohnfortzahlung oder das Krankengeld.
[fs-toc-h2]3. Rechtliche Grundlagen und Pflichten im Arbeitsrecht
Arbeitsunfähigkeit ist im deutschen Arbeitsrecht vor allem durch das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) geregelt. Daneben spielen das Sozialgesetzbuch (SGB V) und teilweise auch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eine Rolle. Die wichtigsten Pflichten des Arbeitnehmers bei Arbeitsunfähigkeit sind:
- Umgehende Krankmeldung: Arbeitnehmer müssen ihren Arbeitgeber unverzüglich informieren, wenn sie erkrankt sind und nicht zur Arbeit erscheinen können.
- AU-Bescheinigung einreichen: Bei einer Arbeitsunfähigkeit, die länger als drei Kalendertage dauert, muss spätestens am vierten Tag eine ärztliche Bescheinigung vorliegen. Manche Arbeitgeber verlangen die AU-Bescheinigung bereits ab dem ersten Krankheitstag.
- Fortlaufende Information: Ändert sich die Dauer der Krankschreibung, ist auch dies dem Arbeitgeber mitzuteilen.
- Mitwirkungspflicht: Arbeitnehmer sollten alles Zumutbare tun, um die Genesung zu fördern und eine schnelle Rückkehr an den Arbeitsplatz zu ermöglichen.
Tipp: Prüfen Sie immer den Arbeitsvertrag und eventuelle Betriebsvereinbarungen. Dort können strengere Regelungen verankert sein, beispielsweise eine frühere Vorlagepflicht der Krankschreibung.
- Innerhalb des ersten Krankheitstages: Unverzügliche Meldung an den Arbeitgeber
- Spätestens nach 3 Kalendertagen: Vorlage der AU-Bescheinigung (falls im Arbeitsvertrag nicht anders geregelt)
[fs-toc-h2]4. Rechte von Arbeitnehmern bei Arbeitsunfähigkeit
Wer arbeitsunfähig ist, hat nicht nur Pflichten, sondern auch einige elementare Rechte:
- Recht auf Lohnfortzahlung: Arbeitnehmer haben in den ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis bereits seit mindestens vier Wochen besteht und die Arbeitsunfähigkeit unverschuldet ist.
- Kündigungsschutz: Eine Kündigung aufgrund einer kurzzeitigen Erkrankung ist in der Regel unwirksam. Allerdings kann eine andauernde oder häufig wiederkehrende Krankheit gegebenenfalls eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen.
- Datenschutz: Der Arbeitgeber darf nur begrenzt Informationen über die Art der Erkrankung abfragen. Details zur Diagnose unterliegen grundsätzlich der ärztlichen Schweigepflicht.
- Krankengeld: Nach Ablauf der sechs Wochen Lohnfortzahlung haben gesetzlich Versicherte Anspruch auf Krankengeld von ihrer Krankenkasse, sofern sie weiterhin arbeitsunfähig sind.
Tipp: Sollte der Arbeitgeber während einer Krankheit ungerechtfertigte Forderungen stellen oder sogar eine Kündigung androhen, kann es ratsam sein, rechtlichen Rat bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht einzuholen.
[fs-toc-h2]5. Leistungen des Arbeitgebers bei Arbeitsunfähigkeit
Der Arbeitgeber ist zur Lohnfortzahlung verpflichtet, sofern:
- Der Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit an seiner Leistung gehindert wird.
- Die Ursache der Krankheit nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig selbst herbeigeführt wurde.
- Das Arbeitsverhältnis bereits seit mindestens vier Wochen besteht.
Die Lohnfortzahlung erfolgt grundsätzlich in Höhe des vereinbarten Arbeitsentgelts, das auch Sonderzahlungen wie Zuschläge umfassen kann. Sie ist jedoch auf sechs Wochen pro Krankheitsfall beschränkt. Danach endet die Verpflichtung des Arbeitgebers, und die Zahlung von Krankengeld durch die Krankenkasse setzt ein (sofern gesetzlich krankenversichert).
- Verwenden Sie immer das Original der AU-Bescheinigung für Ihre Krankenkasse.
- In einigen Fällen können Sie die AU-Bescheinigung digital übermitteln (eAU). Informieren Sie sich bei Ihrem Arzt und Arbeitgeber.
[fs-toc-h2]6. Krankengeld und weitere Leistungen nach Auslaufen der Lohnfortzahlung
Nach den ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit zahlt die Krankenkasse (bei gesetzlich Versicherten) das sogenannte Krankengeld. Dieses beträgt in der Regel 70 % des Bruttoverdienstes (maximal 90 % des Nettoverdienstes) und ist auf einen Höchstbetrag begrenzt. Das Krankengeld wird für maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren für dieselbe Erkrankung gewährt.
- Voraussetzungen: Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung, ärztliche Bescheinigung der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit und Erfüllung der Meldpflichten.
- Wichtige Frist: Nach Erhalt der letzten Lohnfortzahlung muss die lückenlose Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit sichergestellt sein, damit keine Unterbrechung beim Krankengeld entsteht.
Privat Versicherte müssen je nach ihrem Versicherungstarif prüfen, ob und in welchem Umfang ein Krankentagegeld vereinbart wurde.
[fs-toc-h2]7. Häufige Ursachen und Statistiken zur Arbeitsunfähigkeit
Nach Angaben verschiedener Krankenkassen sind folgende Ursachen für Arbeitsunfähigkeit in Deutschland besonders verbreitet:
- Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems (z. B. Rückenschmerzen, Bandscheibenvorfälle)
- Psychische Erkrankungen (z. B. Depressionen, Burn-out, Angststörungen)
- Erkältungskrankheiten und Infektionen
- Unfälle (im Haushalt, Straßenverkehr oder Sportunfälle)
Statistisch betrachtet haben sich die Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen in den letzten Jahren deutlich erhöht. Viele Arbeitgeber reagieren inzwischen mit betrieblichen Gesundheitsprogrammen, um präventiv tätig zu werden.
Beispiel: Ein typischer Krankheitsfall könnte sein, dass ein Arbeitnehmer aufgrund von akuten Rückenschmerzen arbeitsunfähig geschrieben wird. Dauert die Beschwerden über mehrere Wochen an, prüft der Arzt in regelmäßigen Abständen, ob eine Rückkehr an den Arbeitsplatz möglich ist.
[fs-toc-h2]8. Vorgehensweise bei Arbeitsunfähigkeit
In dieser Schritt-für-Schritt-Anleitung erfahren Sie, wie Sie sich im Krankheitsfall korrekt verhalten:
Schritt 1: Krankmeldung an den Arbeitgeber
Informieren Sie Ihren Arbeitgeber so früh wie möglich (telefonisch oder per E-Mail), dass Sie arbeitsunfähig sind und nicht zur Arbeit erscheinen können.
Schritt 2: Ärztliche Untersuchung
Lassen Sie sich unverzüglich von einem Arzt untersuchen und ggf. eine AU-Bescheinigung ausstellen.
Schritt 3: AU-Bescheinigung einreichen
Übermitteln Sie die Bescheinigung fristgerecht an Ihren Arbeitgeber und Ihre Krankenkasse. Achten Sie auf mögliche Sonderregelungen im Arbeitsvertrag.
Schritt 4: Genesung fördern
Befolgen Sie medizinische Anweisungen und schonen Sie sich, um schnell wieder gesund zu werden.
Schritt 5: Weiterer Verlauf und Rückkehr
Bleiben Sie in Kontakt mit Ihrem Arbeitgeber. Informieren Sie ihn, wenn Ihre Arbeitsunfähigkeit verlängert wird oder sich Ihr Gesundheitszustand verbessert. Planen Sie gemeinsam den Wiedereinstieg.
- Wenn Ihr Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigert
- Bei Erhalt einer Kündigung während der Krankschreibung
- Bei Unklarheiten rund um den Kündigungsschutz und Krankengeld
- Wenn Sie die rechtlichen Voraussetzungen für eine Berufsunfähigkeitsrente oder Erwerbsminderungsrente prüfen lassen möchten
[fs-toc-h2]9. Kündigung und Arbeitsunfähigkeit
Arbeitsunfähigkeit allein schützt nicht generell vor einer Kündigung. Allerdings ist eine Kündigung wegen kurzfristiger Erkrankungen in den meisten Fällen unzulässig. Grundsätzlich können folgende Szenarien relevant sein:
- Verhaltensbedingte Kündigung: Setzt voraus, dass der Arbeitnehmer seine Pflichten verletzt (z. B. unentschuldigte Fehlzeiten).
- Betriebsbedingte Kündigung: Betrifft eine unternehmerische Entscheidung und ist nicht unmittelbar an die Krankheit gebunden.
- Personenbedingte Kündigung: Kann ausgesprochen werden, wenn der Arbeitnehmer langfristig arbeitsunfähig ist und keine Besserung in Sicht ist (häufige oder langanhaltende Krankheiten), sodass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar wird.
- Allerdings müssen dabei strenge Anforderungen erfüllt sein und die Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber gegeneinander abgewogen werden. Ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) ist bei längerer Erkrankung verpflichtend anzubieten, bevor eine personenbedingte Kündigung überhaupt in Betracht kommt.
Tipp: Sollten Sie eine Kündigung erhalten, obwohl Sie arbeitsunfähig sind, prüfen Sie mit einem Fachanwalt die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage. Zeitliche Fristen (3 Wochen) beachten!
[fs-toc-h2]10. Fazit
Arbeitsunfähigkeit ist ein zentraler Begriff im Arbeitsrecht und entscheidet über Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Wer sich frühzeitig informiert, kann viele Fehler vermeiden und seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung oder Krankengeld sicherstellen. Zugleich ist es wichtig, sich an die geltenden Meldepflichten zu halten und verantwortungsvoll mit der eigenen Gesundheit umzugehen. Im Zweifelsfall hilft eine rechtliche Beratung dabei, schwierige Situationen wie Kündigungen oder Streitigkeiten zur Lohnfortzahlung zu klären.
Arbeitnehmer sollten sich nicht scheuen, bei Unklarheiten auf den Betriebsrat, die Krankenkasse oder einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zuzugehen. Eine lückenlose Krankmeldung, eine korrekte AU-Bescheinigung und eine offene Kommunikation mit dem Arbeitgeber bilden das Fundament für ein faires und rechtskonformes Vorgehen im Krankheitsfall.
Kostenfreie Ersteinschätzung sichern
Lassen Sie sich unverbindlich beraten und erhalten Sie eine erste Einschätzung zu Ihrer Situation. Ob Privatperson, Unternehmer oder Betroffener – wir beantworten Ihre Fragen und zeigen Ihnen klare Optionen für Ihr weiteres Vorgehen auf.

Hinweis: Die auf dieser Website bereitgestellten Rechtstipps und Informationen dienen ausschließlich der allgemeinen Orientierung und stellen keine verbindliche Rechtsberatung dar. Bitte beachten Sie, dass sich gesetzliche Regelungen und gerichtliche Entscheidungen im Laufe der Zeit ändern können. Aus diesem Grund können die Inhalte möglicherweise nicht in jedem Fall den aktuellen rechtlichen Stand widerspiegeln. Für eine verbindliche Einschätzung Ihrer individuellen Situation empfehlen wir Ihnen, sich direkt mit uns in Verbindung zu setzen.