Bewährung im Strafrecht: Voraussetzungen, Auflagen und Widerruf
Erfahren Sie was die Voraussetzungen für eine Bewährung im Strafrecht sind und welche Auflagen dafür gelten
Eine Freiheitsstrafe bedeutet normalerweise: Gefängnis. Doch in vielen Fällen erlaubt das Gericht eine „Bewährung“. Für Betroffene kann dies eine echte Chance sein, nicht hinter Gitter zu müssen. Allerdings geht Bewährung mit bestimmten Voraussetzungen und Auflagen einher – und wer sich nicht an diese hält, riskiert den Bewährungswiderruf. In diesem Ratgeber erfahren Sie, wann eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, welche Bedingungen damit verbunden sind und wie Sie Ihre Bewährungszeit möglichst unbeschadet bestehen.

[fs-toc-h2]1. Wann wird eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt?
Voraussetzungen nach § 56 StGB
Die rechtliche Grundlage für eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung bildet das Strafgesetzbuch (StGB), insbesondere § 56. Demnach kann ein Gericht eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zur Bewährung aussetzen, wenn es die Persönlichkeit des Täters, dessen Vorleben und die Umstände der Tat berücksichtigt und zu dem Schluss kommt, dass künftig keine Straftaten mehr zu erwarten sind.
Die Prognose
Entscheidend ist dabei die Prognose, ob der Verurteilte sich in Zukunft straffrei führen wird. Faktoren, die das Gericht bei dieser Beurteilung häufig berücksichtigt, sind:
- Vorstrafenregister (sind bereits Bewährungen widerrufen worden?)
- Persönliches Umfeld (familiäre und soziale Bindungen)
- Einsicht in das Fehlverhalten (z. B. Geständnis, Reue)
Beispiel: Hat jemand erstmalig eine Straftat begangen und zeigt sich einsichtig, stehen die Chancen auf eine Strafaussetzung zur Bewährung in der Regel günstiger, als wenn bereits mehrere Vorstrafen aufgelaufen sind.
- Ersttäter mit niedrigem Strafmaß (z. B. kleinerer Betrug, einfache Körperverletzung)
- Straftaten im Bereich bis zu 2 Jahren Freiheitsentzug
- Günstige Sozialprognose, etwa bei stabilen familiären Verhältnissen, Beschäftigung und Reue
- Täter, die aktiv Wiedergutmachung leisten (z. B. Schadensersatz, Entschuldigung)
Merke: Ob es zu einer Strafaussetzung kommt, entscheidet immer das Gericht im Einzelfall.
[fs-toc-h2]2. Was bedeutet Strafaussetzung zur Bewährung konkret?
Von einer Strafe auf Bewährung spricht man, wenn die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe durch einen richterlichen Beschluss ausgesetzt wird. Das heißt, Sie müssen nicht ins Gefängnis – allerdings nur unter Bedingungen. Gleichzeitig beginnt die Bewährungszeit, die in der Regel zwischen zwei und fünf Jahren liegt.
- Keine Haft, aber „auf Probe“: Die Freiheitsstrafe wird nicht vollzogen, sofern Sie sich an die Auflagen halten und in der Zeit nicht erneut straffällig werden.
- Zweite Chance: Rechtlich gesehen ist Bewährung als „Warnschuss“ gedacht, der Verurteilten eine Chance zur gesellschaftlichen Reintegration bietet, ohne dass es zu einer Haft kommt.
Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist die Bewährungszeit. In dieser Zeit müssen Sie sich einwandfrei verhalten, um einen Widerruf zu vermeiden. Die Dauer der Bewährungszeit legt das Gericht fest und kann sie unter bestimmten Voraussetzungen verlängern oder verkürzen.
[fs-toc-h2]3. Welche Auflagen und Weisungen gelten während der Bewährungszeit?
Wer unter Strafaussetzung steht, muss in aller Regel Auflagen oder Weisungen erfüllen. Diese unterscheiden sich je nach Einzelfall und können sowohl finanzielle als auch soziale Aspekte umfassen.
Unterschied zwischen Auflagen und Weisungen
- Auflagen sind Verpflichtungen, die häufig mit einer Leistung verbunden sind, z. B. Geldzahlung an eine gemeinnützige Einrichtung oder Geschädigte, Sozialstunden oder Teilnahme an Schulungen.
- Weisungen können sein, dass Sie bestimmte Orte oder Personen nicht aufsuchen dürfen (Kontakt- oder Aufenthaltsverbot) oder sich zu bestimmten Zeiten bei einem Bewährungshelfer melden müssen.
Das Gericht kann aber auch Weisungen erteilen, die das Leben des Verurteilten strukturell verändern sollen, zum Beispiel ein Drogenentzug oder eine Therapie. Ziel ist dabei stets, eine erneute Straffälligkeit zu verhindern.
Verhalten während der Bewährung
Verhalten Sie sich während der Bewährungszeit möglichst unauffällig und erfüllen Sie alle erteilten Auflagen. Dazu gehören insbesondere:
- Zahlungen fristgerecht leisten
- Meldeauflagen konsequent einhalten
Kontaktverbote respektieren - Therapieauflagen gewissenhaft verfolgen
Wer diese Anforderungen beherzigt, hat gute Chancen, die Bewährungszeit ohne Widerruf zu überstehen oder sogar vorzeitig entlassen zu werden.
Beispiel für eine Bewährungsauflage
Stellen Sie sich vor, Sie sind wegen einer Trunkenheitsfahrt verurteilt worden und erhalten eine Bewährungsstrafe. Das Gericht kann entscheiden, dass Sie an einem Verkehrsseminar teilnehmen müssen und für einen bestimmten Zeitraum regelmäßig Alkoholtests nachweisen. Zudem müssen Sie sich bei der zuständigen Bewährungshelferin melden, die Ihre soziale Situation überprüft und mit Ihnen über mögliche Rückfallrisiken spricht.
[fs-toc-h2]4. Was führt zum Bewährungswiderruf?
Typische Gründe für den Bewährungswiderruf
Obwohl es zahlreiche Möglichkeiten gibt, die Bewährung erfolgreich zu bestehen, reichen manchmal schon kleinere Verstöße, um das Gericht hellhörig zu machen. Folgende Situationen können zu einem Widerruf führen:
- Neue Straftat während der Bewährungszeit
- Beharrliche Missachtung von Auflagen oder Weisungen
Flucht oder unerreichbares Untertauchen - Schwere Verstöße gegen Kontakt- oder Aufenthaltsverbote
Kommt es zu einem solchen Verstoß, leitet die Staatsanwaltschaft oder das Gericht ein Verfahren ein, in dem geprüft wird, ob die Bewährung widerrufen wird. Bei einem Bewährungswiderruf wird die ursprünglich ausgesetzte Freiheitsstrafe dann vollstreckt, das heißt: Gefängnis.
Verfahren zur Prüfung des Widerrufs
In der Regel erhalten Verurteilte zunächst eine Anhörung gemäß § 56f StGB. Das Gericht kann entscheiden, ob es bei Verstößen vielleicht ausreichend ist, die Auflagen anzupassen oder zu verschärfen. Erst wenn sich zeigt, dass alle milderen Mittel ausgeschöpft sind, erfolgt der eigentliche Widerruf. Ein Anwalt kann hierbei wertvolle Dienste leisten, indem er das Gericht überzeugt, dass ein Widerruf nicht notwendig ist, weil Sie vielleicht die Auflagen ab jetzt verlässlich erfüllen werden oder eine besondere soziale Situation vorliegt.
- Verstoß gegen Auflage oder neue Straftat
- Meldung an die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht
- Anhörung des Verurteilten (schriftlich oder mündlich)
- Gericht entscheidet über Maßnahmen (Auflagen verschärfen, neue Weisungen, Widerruf)
Bei Widerruf: Vollstreckung der auf Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe
[fs-toc-h2]5. Wie kann man Bewährung erfolgreich bestehen – oder sogar vorzeitig beenden?
Ein großes Ziel vieler Betroffener ist es, die Bewährung ohne Zwischenfälle zu überstehen. Dabei kann es hilfreich sein, sich aktiv auf die Bewährungszeit vorzubereiten und alle Anforderungen strikt einzuhalten. Wer seine Auflagen pünktlich erfüllt, eventuelle Geldbeträge fristgerecht zahlt und die Termine mit seiner Bewährungshelferin wahrnimmt, signalisiert dem Gericht gute Führung.
Vorzeitiger Straferlass (§ 56g StGB)
Es besteht unter bestimmten Umständen sogar die Möglichkeit, dass die Strafe vorzeitig erlassen wird. Nach Erfüllung von mindestens der Hälfte der Bewährungszeit kann das Gericht prüfen, ob eine vorzeitige Aufhebung der Bewährungsauflagen sinnvoll ist. Voraussetzung ist ein besonders positives Verhalten und das Gefühl, dass keine Rückfallgefahr mehr besteht.
Beispiel: Verkürzung der Bewährungszeit
Wenn Sie zum Beispiel zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt wurden und sich nach einem Jahr in jeder Hinsicht bewährt haben – keine Delikte, keine Verstöße, positiver Bericht der Bewährungshelferin – kann das Gericht nach Anhörung beschließen, die Reststrafe zu erlassen. Das bedeutet: Sie sind frühzeitig „durch“ mit der Bewährung und es kommt zu keiner weiteren Strafverfolgung in diesem Zusammenhang.
[fs-toc-h2]6. Was tun bei Problemen in der Bewährungszeit?
Nicht jeder Betroffene schafft es, die gesamten Bedingungen reibungslos zu erfüllen. Probleme können im Alltag leicht auftreten, etwa wenn finanzielle Engpässe die pünktliche Zahlung von Geldauflagen erschweren oder wenn das soziale Umfeld nicht stabil ist. In solchen Fällen sollten Sie möglichst frühzeitig das Gespräch mit Ihrer Bewährungshelferin oder einem Anwalt suchen.
- Erklären Sie offen die Gründe für Ihren Verstoß.
- Zeigen Sie, dass Sie bereit sind, an einer Lösung zu arbeiten.
- Befolgen Sie neue Auflagen oder Weisungen konsequent, um zu zeigen, dass Sie den Ernst der Lage verstanden haben.
Wer zeitnah reagiert und auf kooperative Weise eine Lösung anbietet, hat bessere Chancen, dass das Gericht nicht direkt den Widerruf ausspricht.
[fs-toc-h2]7. FAQ: Häufige Fragen rund um die Bewährung
Wann bekommt man eine Freiheitsstrafe zur Bewährung?
Gerichte setzen Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren zur Bewährung aus, wenn eine günstige Prognose besteht und keine schweren Vorstrafen vorliegen.
Was darf man unter Bewährung nicht tun?
Unter Bewährung sollten Sie weder erneut straffällig werden noch Ihre Auflagen und Weisungen missachten. Dazu zählen pünktliche Zahlungen, Meldepflichten und das Einhalten von Kontaktverboten.
Wie lange dauert die Bewährung?
Die Dauer kann zwischen zwei und fünf Jahren liegen. Das Gericht legt sie nach Ermessen fest, orientiert sich jedoch an der Art der Straftat und Ihrer Persönlichkeit.
Was passiert bei Verstoß gegen Bewährungsauflagen?
Das Gericht oder die Staatsanwaltschaft prüft, ob die Auflagen verschärft, neue Weisungen erteilt oder sogar die Bewährung widerrufen wird. Bei einem Widerruf droht eine Gefängnisstrafe.
Kann eine Bewährung verlängert oder verkürzt werden?
Ja. Das Gericht kann die Bewährungszeit verlängern, wenn Sie zwar keinen Widerruf verdienen, aber noch „Nachholbedarf“ in puncto straffreies Verhalten haben. Eine Verkürzung ist möglich, wenn Sie sich besonders bewährt haben (§ 56g StGB).
[fs-toc-h2]Fazit
Bewährung ist immer eine zweite Chance und kein „Freifahrtschein“. Für alle, die von einer Freiheitsstrafe verschont bleiben möchten, ist es essentiell, die gerichtlichen Auflagen konsequent einzuhalten. Andernfalls droht der Widerruf, und die im Urteil festgelegte Haft wird Realität.
Nutzen Sie während der Bewährungszeit unbedingt alle Hilfsangebote und sprechen Sie frühzeitig mit Ihrer Bewährungshelferin oder einem Anwalt, wenn Schwierigkeiten auftreten. So erhöhen Sie die Chancen, die Bewährungsphase erfolgreich abzuschließen und dauerhaft straffrei zu bleiben.
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