Aussage- und Zeugnisverweigerungsrecht bei Hausdurchsuchung
Erfahren Sie, wann Sie bei einer Hausdurchsuchung die Aussage verweigern dürfen.
Wenn die Polizei mit einem Durchsuchungsbeschluss vor Ihrer Tür steht, geraten viele Menschen in Panik. Eine Hausdurchsuchung ist eine Ausnahmesituation – emotional belastend, oft überraschend und mit vielen Unsicherheiten verbunden. Was darf ich sagen? Muss ich überhaupt etwas sagen? Und kann ich mich womöglich selbst belasten, wenn ich vorschnell antworte?
Genau hier kommt das Aussage- und Zeugnisverweigerungsrecht ins Spiel – zwei zentrale Schutzmechanismen im deutschen Strafverfahren, die Betroffenen helfen, ihre Rechte zu wahren. Doch viele wissen nicht, wann sie von ihrem Schweigerecht Gebrauch machen dürfen, in welcher Rolle sie sich befinden und was sie bei einer Hausdurchsuchung unbedingt beachten sollten.
In diesem Ratgeber erfahren Sie alles, was Sie über das Aussageverweigerungsrecht und das Zeugnisverweigerungsrecht bei einer Hausdurchsuchung wissen müssen.

[fs-toc-h2]1. Wer darf oder muss schweigen?
Vorweg ist es wichtig, die verschiedenen Rollen und Rechtspositionen im Strafverfahren zu kennen. Denn je nachdem, ob Sie als Beschuldigter, Zeuge oder Angehöriger auftreten, unterscheiden sich die Rechte und Pflichten bei einer Vernehmung oder Hausdurchsuchung erheblich.
Die Strafprozessordnung (StPO) unterscheidet insbesondere zwischen dem sogenannten Aussageverweigerungsrecht und dem Zeugnisverweigerungsrecht.
- Beschuldigter: Wenn Sie selbst einer Straftat verdächtigt werden, haben Sie das Recht, zu den Vorwürfen zu schweigen. Dies wird allgemein als Aussageverweigerungsrecht bezeichnet.
- Zeuge: Als Zeuge sind Sie grundsätzlich zur Wahrheit verpflichtet. Es gibt jedoch Ausnahmen (Zeugnisverweigerungsrecht), insbesondere bei nahen Angehörigen oder bestimmten Berufsgeheimnisträgern.
- Angehöriger: Bei engen Familienmitgliedern – etwa Eltern, Kindern, Ehepartnern – kann ein Zeugnisverweigerungsrecht bestehen, sodass sie nicht aussagen müssen.
Ein Beispiel: Werden Sie verdächtigt, selbst eine Straftat begangen zu haben, können und dürfen Sie schweigen. Wird hingegen Ihr Bruder beschuldigt und Sie sollen aussagen, können Sie im Rahmen des Zeugnisverweigerungsrechts unter Umständen eine Zeugenaussage verweigern. Gerade in Situationen rund um eine Hausdurchsuchung ist es daher entscheidend zu wissen, in welcher Rolle Sie sich befinden.
Tipp und Hinweis zur Rolle als Angehöriger
Sollten Sie sich unsicher sein, ob Sie eine Aussage machen müssen oder dürfen, hilft meist ein Anruf bei einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin. Insbesondere wenn Sie emotional in den Fall involviert sind, kann es ratsam sein, sich juristisch beraten zu lassen, bevor Sie eine Entscheidung zur Aussage treffen.
[fs-toc-h2]2. In welchen Fällen greift das Zeugnisverweigerungsrecht?
Wann darf man die Aussage verweigern? – Diese Frage stellt sich häufig, wenn Sie nicht selbst Beschuldigter, sondern als Zeuge geladen sind oder bei einer Hausdurchsuchung Informationen weitergeben sollen.
Gemäß § 52 StPO können bestimmte Personengruppen die Aussage verweigern, insbesondere wenn sie mit dem Beschuldigten in einem nahen familiären Verhältnis stehen. Dazu gehören unter anderem:
- Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Verlobte
Eltern, Kinder, Enkel, Geschwister - Auch Personen, die in gerader Linie verwandt oder verschwägert sind
Daneben existiert das Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen, beispielsweise bei Berufsgeheimnisträgern wie Rechtsanwälten, Ärzten oder Geistlichen, sofern die Informationen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit erlangt wurden.
Beispiel: Werden Sie als Ehepartner eines Tatverdächtigen vernommen, so dürfen Sie sich in aller Regel auf Ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Gleiches gilt, wenn Sie etwas rein zufällig erfahren haben, was in den Verantwortungsbereich Ihrer beruflichen Schweigepflicht fällt – zum Beispiel als Arzt, dem ein Patient in einem Beratungsgespräch ein Geständnis ablegt.
Im deutschen Strafprozess gelten mehrere zentrale Normen, die das Schweigen oder die Verweigerung einer Zeugenaussage regeln.
- § 52 StPO (Zeugnisverweigerungsrecht für Angehörige)
- § 53 StPO (Zeugnisverweigerungsrecht für Berufsgeheimnisträger)
- § 55 StPO (Auskunftsverweigerungsrecht bei Selbstbelastung)
Gerade bei einer Hausdurchsuchung kann § 55 StPO von Bedeutung sein, wenn Sie sich durch eine Aussage oder Herausgabe von Dokumenten selbst belasten könnten.
[fs-toc-h2]3. Aussageverweigerung als Beschuldigter: Was bedeutet das konkret?
Das Aussageverweigerungsrecht als Beschuldigter stellt sicher, dass niemand sich selbst belasten muss. In der Praxis heißt das, dass die Ermittlungsbehörden nicht das Recht haben, Sie zu einer Aussage zu zwingen. Sie können also explizit sagen, dass Sie keine Angaben zur Sache machen möchten.
Für manche Betroffene wirkt das Wort „Schweigen“ jedoch wie ein Schuldeingeständnis. In Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall: Schweigen wird nicht automatisch als Schuldeingeständnis gewertet, sondern ist ein grundlegendes Verteidigungsrecht, das die Rechtsordnung Ihnen zuspricht.
Vorteile des Schweigens
- Sie verhindern, dass Sie vorschnell falsche oder unvollständige Angaben machen.
- Ermittlungsbehörden können Ihre Worte nicht gegen Sie verwenden.
- Sie haben die Möglichkeit, sich erst in Ruhe mit einem Anwalt oder einer Anwältin zu beraten, bevor Sie entscheiden, ob eine Einlassung zur Sache sinnvoll ist.
Mögliche Nachteile
- Manche Ermittler werten Schweigen als „kooperationsunwillig“, was allerdings keinen rechtlichen Nachteil begründen darf.
- Wenn entlastende Umstände bekannt sind, können Sie sie natürlich auch mitteilen. Ein stures Schweigen kann in Einzelfällen die Ermittlung in eine falsche Richtung lenken.
[fs-toc-h2]4. Aussageverweigerungsrecht bei Hausdurchsuchung
Gerade bei einer Hausdurchsuchung ist die Unsicherheit groß. Oft haben Betroffene das Gefühl, etwas „tun“ oder „sagen“ zu müssen. Doch grundsätzlich gilt:
- Sie sind nicht verpflichtet, den Beamten aktiv bei der Durchsuchung zu helfen.
- Sie können, wenn Sie wollen, schweigen oder nur Ihre Personalien angeben.
- Machen Sie sich klar, dass Sie das Recht haben, sich nicht selbst zu belasten.
Im Zweifel geben Sie lieber weniger preis als zu viel. Sie sind nur verpflichtet, den Zugang zur Wohnung zu gewähren, wenn ein entsprechender Durchsuchungsbeschluss vorliegt. Widerstand gegen eine rechtmäßige Durchsuchung kann sogar strafbar sein, wenn er zu weit geht.
Beispiel zur Verweigerung
Polizeibeamte fragen Sie bei der Durchsuchung direkt, ob Sie bestimmte Gegenstände in Ihrer Wohnung versteckt haben. Wenn Sie befürchten, sich durch eine Antwort selbst zu belasten, können Sie die Aussage verweigern. Es ist Ihre freie Entscheidung, ob Sie Auskunft geben möchten.
Tabelle: Rollen und Rechte bei Hausdurchsuchung

[fs-toc-h2]5. Wie nutzt man seine Rechte richtig?
Viele Menschen fragen sich nicht nur „Wie mache ich von meinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch?“, sondern auch, wie sie das gegenüber den Beamten formulieren sollen. Am besten kündigen Sie unmissverständlich an, dass Sie keine Aussage machen möchten. Oft wird dieser Satz empfohlen:
„Ich möchte von meinem Recht Gebrauch machen, keine Angaben zur Sache zu machen, bis ich Rücksprache mit meinem Anwalt gehalten habe.“
Damit setzen Sie ein klares Statement, ohne sich in widersprüchliche Erklärungen zu verlieren. Spätestens bei einer offiziellen Vernehmung sollten Sie sich durch einen Anwalt unterstützen lassen, falls Sie als Beschuldigter geführt werden oder eine Zeugenaussage verweigern wollen.
Bei einer Hausdurchsuchung tritt die Polizei in Ihrer Wohnung in Erscheinung. Wichtig ist:
- Bleiben Sie ruhig und höflich, auch wenn die Situation emotional aufgeladen ist.
- Verlangen Sie, den Durchsuchungsbeschluss zu sehen. Ohne Beschluss dürfen Beamte nur in Ausnahmefällen durchsuchen (Gefahr im Verzug).
- Geben Sie keine Gegenstände freiwillig heraus, wenn Sie sich dadurch selbst belasten. Halten Sie sich an Ihr Schweigerecht.
[fs-toc-h2]6. Häufige Irrtümer und Fallen
Viele Betroffene glauben, dass Sie bei der Polizei direkt Aussagen machen oder Dokumente unterschreiben müssen. Doch das stimmt so nicht. Zwar ist es verständlich, dass man unter Stress schnell das Gefühl hat, kooperieren zu müssen, um die Angelegenheit zu „entschärfen“, aber genau das kann nachteilig sein.
Irrtum 1: „Wenn ich nichts sage, wirke ich erst recht verdächtig.“
- Schweigen ist ein Recht und kein Schuldeingeständnis. Die Behörden müssen Ihnen eine Tat nachweisen, nicht umgekehrt.
Irrtum 2: „Ich muss direkt vor Ort unterschreiben, was mir die Beamten vorlegen.“
- Unterzeichnen Sie nichts unbedacht. Fragen Sie zuerst nach, worum es sich handelt. Wenn Sie unsicher sind, machen Sie von Ihrem Schweige- und Aussageverweigerungsrecht Gebrauch oder konsultieren Sie einen Anwalt.
Irrtum 3: „Zeugnisverweigerung gilt für alle.“
- Nicht jeder Zeuge hat ein Zeugnisverweigerungsrecht. Dies muss im Einzelfall geprüft werden (z. B. Angehöriger oder Berufsgeheimnisträger).
[fs-toc-h2]7. Wann sollte ein Anwalt eingeschaltet werden?
Grundsätzlich gilt: Je schwerwiegender der Tatvorwurf, desto eher sollten Sie sich einen Rechtsbeistand suchen. Bei Hausdurchsuchungen kann ein Anwalt bereits im Vorfeld wertvolle Hinweise geben, was die Aussageverweigerung angeht und welche Dokumente oder Geräte Sie nicht freiwillig aushändigen sollten.
Wenn Sie unsicher sind, wie Sie sich in einer brenzligen Situation verhalten sollen, ist es meist klug, keine voreiligen Aussagen zu treffen und stattdessen juristischen Rat einzuholen. Dies ist kein Zeichen von Schuld, sondern ein Ausdruck Ihrer Rechte und Ihres Rechtsbewusstseins.
[fs-toc-h2]8. FAQ: Wichtige Fragen zum Aussage- und Zeugnisverweigerungsrecht
Aussageverweigerungsrecht bei Hausdurchsuchung: Welche Grundregeln gelten?
Sie sind nicht verpflichtet, aktiv auszusagen oder die Beamten bei der Suche zu unterstützen. Zeigen Sie sich kooperativ, indem Sie die Durchsuchung dulden, sofern ein Beschluss vorliegt, aber sprechen Sie nicht zu viel ohne anwaltlichen Rat.
Was ist das Zeugnisverweigerungsrecht und wann darf man es anwenden?
Das Zeugnisverweigerungsrecht erlaubt bestimmten Personen (etwa Angehörigen, Berufsgeheimnisträgern), nicht als Zeugen aussagen zu müssen. Es greift insbesondere bei engem Familienbezug oder beruflicher Schweigepflicht.
Welche Rolle spielt das Recht auf Selbstbelastungsverbot?
Das Selbstbelastungsverbot, geregelt in § 55 StPO, schützt Sie davor, durch eigene Aussagen oder Handlungen Beweise gegen sich zu liefern. Sie dürfen Angaben verweigern, wenn Sie sich dadurch selbst belasten würden.
Wer darf die Aussage verweigern?
Beschuldigte haben das Aussageverweigerungsrecht. Darüber hinaus können nahestehende Personen oder bestimmte Berufsgruppen (z. B. Ärzte, Rechtsanwälte) die Aussage verweigern, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Wie formuliere ich, dass ich nichts sagen möchte?
Eine einfache und klare Formulierung lautet: „Ich möchte aktuell keine Angaben zur Sache machen und bitte um Verständnis, dass ich zuerst mit meinem Anwalt sprechen möchte.“
[fs-toc-h2]Fazit: Nutzen Sie Ihre Rechte richtig
Eine Hausdurchsuchung ist eine Ausnahmesituation, in der es leicht zu übereilten Aussagen kommen kann. Doch das Aussageverweigerungsrecht schützt Sie davor, sich selbst zu belasten oder vorschnell Informationen preiszugeben. Das Zeugnisverweigerungsrecht ermöglicht es bestimmten Personengruppen, eine Aussage zu verweigern, insbesondere wenn sie in einer engen Beziehung zum Beschuldigten stehen oder beruflich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.
Bewahren Sie in jeder Situation die Ruhe, prüfen Sie die Rechtsgrundlage (Durchsuchungsbeschluss) und geben Sie sich Zeit, einen anwaltlichen Rat einzuholen. Schweigen heißt nicht, dass Sie etwas zu verbergen haben. Es bedeutet vielmehr, dass Sie achtsam mit Ihren Rechten umgehen und sich nicht unbedacht selbst belasten. Sollten Sie sich unsicher fühlen, ist ein erfahrener Rechtsbeistand der beste Partner an Ihrer Seite, um den weiteren Verlauf des Verfahrens professionell zu begleiten.
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