Insolvenzgeld: Wer hat Anspruch und wie läuft die Finanzierung?
Alles Wichtige zu Insolvenzgeld: Anspruch, Antrag und Berechnung einfach erklärt
Bei der Insolvenz eines Unternehmens geraten viele Arbeitnehmer in finanzielle Unsicherheit. Oftmals ist nicht klar, wie ausstehende Löhne oder Gehälter beglichen werden können und welche Rechte Beschäftigte in dieser Situation haben. In Deutschland unterstützt die Bundesagentur für Arbeit mit dem sogenannten Insolvenzgeld, auch Insolvenzausfallgeld genannt. Dieser Ratgeber soll Schritt für Schritt erläutern, wer Anspruch auf Insolvenzgeld hat, wie das Antragsverfahren abläuft, welche Fristen zu beachten sind und welche gesetzlichen Grundlagen gelten. Auch weiterführende Hilfestellungen wie Ansprechpartner und zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten werden aufgezeigt, damit Betroffene bestmöglich informiert sind.

[fs-toc-h2]1. Was ist Insolvenzgeld?
Das Insolvenzgeld, manchmal auch Insolvenzausfallgeld genannt, ist eine Leistung der Bundesagentur für Arbeit, die den finanziellen Ausfall von Löhnen und Gehältern abdecken soll, wenn ein Arbeitgeber zahlungsunfähig wird. Es springt unter bestimmten Voraussetzungen ein, um rückständige Ansprüche von Arbeitnehmern zu sichern. Ziel ist es, Beschäftigte vor den wirtschaftlichen Folgen einer Unternehmensinsolvenz zu schützen.
- Gesetzliche Grundlage: Das Insolvenzgeld ist im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) verankert.
- Finanzierung: Finanziert wird das Insolvenzgeld über die Insolvenzgeldumlage, die Arbeitgeber mit ihren Sozialversicherungsbeiträgen entrichten.
Das Insolvenzgeld deckt rückständige Entgeltansprüche für maximal drei Monate ab, in denen das Arbeitsverhältnis bestanden hat. Es soll somit kurzfristig die finanziellen Lücken schließen, wenn der Arbeitgeber vorübergehend oder langfristig nicht in der Lage ist, offene Löhne und Gehälter zu zahlen.
[fs-toc-h2]2. Wer hat Anspruch auf Insolvenzgeld?
Entscheidend ist, dass eine bestimmte Gruppe von Beschäftigten das Insolvenzgeld beanspruchen darf und bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden. Zu den Anspruchsberechtigten gehören in der Regel:
- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit sozialversicherungspflichtigem Arbeitsverhältnis
- Auszubildende, sofern sie in einem Ausbildungsverhältnis stehen
- Heimarbeiter und diesen Gleichgestellte, die weisungsgebunden für das insolvente Unternehmen tätig waren
Nicht anspruchsberechtigt sind in der Regel Personen, die selbst Geschäftsführer oder Mitinhaber der insolventen Firma sind und maßgeblichen unternehmerischen Einfluss hatten. Hier kann es jedoch Ausnahmen geben, wenn beispielsweise kein tatsächliches Mitspracherecht oder keine Sperrminorität bestand.
Tipp: Wer unsicher ist, ob er als Geschäftsführer oder Teilhaber Anspruch auf Insolvenzgeld hat, sollte einen Fachanwalt für Arbeitsrecht konsultieren oder bei der Arbeitsagentur nachfragen. Die Grenzen zwischen leitenden Angestellten und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten können im Einzelfall komplex sein.
[fs-toc-h2]3. Das Antragsverfahren: Schritt-für-Schritt-Anleitung
Um das Insolvenzgeld zu erhalten, müssen Betroffene einen formellen Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit stellen. Im Folgenden eine Übersicht über das Vorgehen:
Schritt 1: Insolvenztatbestand feststellen
Voraussetzung für den Bezug von Insolvenzgeld ist, dass ein Insolvenztatbestand vorliegt. Dies kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber entweder die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hat, das Verfahren mangels Masse abgewiesen wurde oder die Geschäftstätigkeit vollständig eingestellt hat und keine Liquidität mehr vorhanden ist.
Schritt 2: Antrag herunterladen oder persönlich abholen
Der Antrag kann online auf der Website der Bundesagentur für Arbeit heruntergeladen werden. Alternativ ist es möglich, diesen direkt in der zuständigen Agentur für Arbeit vor Ort abzuholen.
Schritt 3: Formular ausfüllen
In diesem Formular werden persönliche Daten, Angaben zum Arbeitsverhältnis und Informationen zum insolventen Arbeitgeber abgefragt. Auch die Höhe der rückständigen Gehaltsansprüche ist anzugeben.
Schritt 4: Unterlagen beifügen
Neben dem ausgefüllten Antrag sind Nachweise über das Arbeitsverhältnis (z. B. Arbeitsvertrag, Lohnabrechnungen, ggf. Kündigungsschreiben) und den Zahlungsrückstand beizufügen. Auf Details dazu wird im Abschnitt „Antragsstellung: Wichtige Hinweise und Unterlagen“ näher eingegangen.
Schritt 5: Antrag fristgerecht einreichen
Der ausgefüllte Antrag samt aller Unterlagen muss innerhalb von zwei Monaten nach dem Eröffnungsbeschluss des Insolvenzverfahrens oder der Abweisung mangels Masse bei der Agentur für Arbeit eingegangen sein. Diese Frist gilt als Ausschlussfrist und sollte unbedingt beachtet werden.
Innerhalb des Insolvenzgeld-Zeitraums von drei Monaten können Arbeitnehmer ihre rückständigen Entgeltansprüche geltend machen.
Die entscheidenden Fristen:
- Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens: Antrag spätestens zwei Monate nach dem Eröffnungsbeschluss einreichen.
- Bei Abweisung mangels Masse: Antrag spätestens zwei Monate nach dem Abweisungsbeschluss stellen.
- Bei vollständiger Betriebsstilllegung ohne formelle Verfahrenseröffnung: Hier sollten Betroffene schnellstmöglich handeln und sich bei der Agentur für Arbeit beraten lassen.
[fs-toc-h2]4. Berechnung des Insolvenzgeldes
Das Insolvenzgeld deckt in der Regel den Nettoverdienst ab, den Arbeitnehmer für die drei Monate vor Eintritt des Insolvenzereignisses (Eröffnung oder Abweisung) beanspruchen könnten. Dabei wird der durchschnittliche Netto-Lohn (inklusive regelmäßiger Zulagen und Zuschläge) herangezogen, den der Beschäftigte für diese Zeit hätte erhalten müssen.
- Dauer: Maximal drei Monate.
- Höhe: Orientiert sich am Nettoentgelt.
- Leistungsgrenze: Es gibt nach oben hin keine formelle Deckelung wie bei anderen Sozialleistungen, dennoch wird nur das tatsächlich rückständige Arbeitsentgelt erstattet.
Beispiel:
Angenommen, ein Arbeitnehmer verdient netto 1.800 Euro im Monat. Der Arbeitgeber wird insolvent und zahlt zwei Monate kein Gehalt. Insgesamt stehen dem Arbeitnehmer also 3.600 Euro rückständiges Entgelt zu. Das Insolvenzgeld kann die offenen Gehälter für die zwei Monate innerhalb des maximalen Drei-Monats-Zeitraums abdecken.
[fs-toc-h2]5. Fristen und Zeiträume
Neben der bereits genannten Ausschlussfrist für den Antrag auf Insolvenzgeld gibt es weitere Zeiträume, die für die Berechnung entscheidend sind. Maßgebend sind stets die drei Monate, in denen das Arbeitsverhältnis fortbestanden hat, bevor das Insolvenzereignis eingetreten ist.
- Rückständige Monate: Es können nur die Monate erfasst werden, in denen tatsächlich ein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestand.
- Eröffnungsbeschluss oder Abweisung: Diese Daten definieren den sogenannten Insolvenzgeld-Zeitraum.
Tipp: Wer erst später erfährt, dass das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, sollte unverzüglich bei der Agentur für Arbeit vorsprechen. Nur so lässt sich die oftmals knappe Zwei-Monats-Frist einhalten.
[fs-toc-h2]6. Antragsstellung: Wichtige Hinweise und erforderliche Unterlagen
Bei der Beantragung des Insolvenzgeldes ist es essenziell, den Antrag sorgfältig und vollständig auszufüllen sowie alle relevanten Unterlagen beizufügen. Fehlen Dokumente, kommt es häufig zu Verzögerungen oder sogar zur Ablehnung des Antrags.
- Arbeitsvertrag: Nachweis über Beginn und Inhalte des Arbeitsverhältnisses.
- Lohnabrechnungen: Beleg über die monatlichen Entgeltzahlungen.
- Kündigungsschreiben (falls vorhanden): Dokumentation des Beendigungsgrundes.
- Insolvenz- oder Abweisungsbeschluss: Nachweis über den Insolvenztatbestand.
- Bankverbindung: Für die Auszahlung des Insolvenzgeldes.
- Nach Möglichkeit alle Gehaltsabrechnungen der letzten Monate beifügen.
- Bei unvollständigen Nachweisen von Sonderleistungen (z. B. Urlaubs- oder Weihnachtsgeld) frühzeitig Kontakt mit dem Insolvenzverwalter aufnehmen.
- Unterlagen sortiert und klar beschriftet einreichen, um Rückfragen zu reduzieren.
[fs-toc-h2]7. Unterstützungsmöglichkeiten: Anlaufstellen bei Insolvenz des Arbeitgebers
Die finanzielle Unsicherheit bei einer Arbeitgeberinsolvenz ist groß. Neben dem Insolvenzgeld bieten verschiedene Institutionen und Beratungsstellen weitere Hilfestellungen:
- Bundesagentur für Arbeit: Hauptansprechpartner für das Insolvenzgeld, zugleich Anlaufstelle für Arbeitslosengeld I oder Kurzarbeitergeld, falls nötig.
- Insolvenzverwalter: Sobald das Insolvenzverfahren eröffnet ist, verwaltet und koordiniert der Insolvenzverwalter die Vermögenswerte des insolventen Unternehmens. Er ist oft die erste Instanz, wenn es um betriebliche Informationen geht.
- Gewerkschaften: Gewerkschaften wie ver.di oder IG Metall bieten Mitgliedern Rechtsberatung an und unterstützen bei der Durchsetzung von Ansprüchen.
- Fachanwälte für Arbeitsrecht: In komplexen Fällen kann ein anwaltlicher Rat sinnvoll sein, insbesondere wenn es Unklarheiten zum Bestehen des Arbeitsverhältnisses oder zu Sonderansprüchen gibt.
Beispiel:
Arbeitnehmer, die im Insolvenzverfahren widersprüchliche Informationen vom Arbeitgeber und vom Insolvenzverwalter erhalten, können sich an die Gewerkschaft wenden oder direkt einen Anwalt beauftragen. Dadurch lassen sich rechtliche Unklarheiten schnell klären.
[fs-toc-h2]8. FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Insolvenzgeld
Was ist der Unterschied zwischen Insolvenzgeld und Arbeitslosengeld?
Insolvenzgeld ist eine einmalige Leistung, die ausstehende Lohn- oder Gehaltszahlungen für maximal drei Monate vor der Insolvenz abdeckt. Arbeitslosengeld I hingegen wird nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt, wenn bestimmte Beitragszeiten in der Arbeitslosenversicherung erfüllt sind.
Wie lange dauert die Bearbeitung eines Insolvenzgeld-Antrags?
Die Bearbeitungsdauer kann variieren. In der Regel prüft die Bundesagentur für Arbeit den Antrag innerhalb weniger Wochen. Voraussetzung ist ein vollständiger Antrag mit allen erforderlichen Unterlagen.
Was geschieht, wenn der Antrag verspätet eingereicht wird?
Wird die Zwei-Monats-Frist verpasst, kann der Anspruch auf Insolvenzgeld vollständig erlöschen. Hier sind jedoch Ausnahmen möglich, wenn ein glaubhafter Grund für die Verzögerung vorliegt.
Kann man Insolvenzgeld rückwirkend für mehr als drei Monate verlangen?
Grundsätzlich nicht. Der Gesetzgeber begrenzt den Zeitraum auf drei Monate, in denen das Arbeitsentgelt tatsächlich nicht ausgezahlt wurde.
Müssen Arbeitszeitkonten und Überstunden ebenfalls beantragt werden?
Anspruchsberechtigt sind grundsätzlich alle offenen Entgeltleistungen, die Teil des Arbeitsvertrages waren. Ob Überstundenvergütung oder Urlaubsgeld einbezogen wird, hängt von den konkreten Vertragsbedingungen ab.
- Bei mehreren Arbeitsverhältnissen oder Teilzeitregelungen kann es sinnvoll sein, jeden Beschäftigungsanteil genau aufzulisten.
- Sollten offene Vergütungen für Überstunden oder Sonderzahlungen strittig sein, können Dokumentationen (z. B. Stundenzettel, betriebliche Vereinbarungen) sehr wichtig sein.
[fs-toc-h2]9. Zusätzliche Aspekte bei Arbeitgeberinsolvenz
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: Wenn Arbeitnehmer während der Insolvenz krankgeschrieben sind, stellt sich häufig die Frage, wer die Entgeltfortzahlung übernimmt. Grundsätzlich gilt auch hier, dass ausstehende Zahlungen über das Insolvenzgeld abgedeckt werden können, sofern sie in den Drei-Monats-Zeitraum fallen.
Versicherungen und Sozialabgaben: Die Beträge, die vom Insolvenzgeld übernommen werden, sind netto. Es werden also Sozialabgaben und eventuell Lohnsteuer fällig, die die Bundesagentur für Arbeit an die jeweiligen Stellen abführt.
Kurzarbeit bei drohender Insolvenz: Mitunter versuchen Unternehmen, durch Kurzarbeit eine Insolvenz abzuwenden. In diesem Fall erhalten Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld. Sollte es dennoch zur Insolvenz kommen, greift anschließend das Insolvenzgeld.
Vergleich Arbeitslosengeld I und Insolvenzgeld:

[fs-toc-h2]10. Fazit
Das Insolvenzgeld bietet für Arbeitnehmer, Auszubildende und Heimarbeiter einen wichtigen Schutzschild bei einer Arbeitgeberinsolvenz. Es stellt sicher, dass rückständige Löhne und Gehälter für maximal drei Monate beglichen werden und mildert dadurch finanzielle Engpässe. Wer sich frühzeitig informiert, das Antragsformular korrekt ausfüllt und die notwendigen Unterlagen fristgerecht einreicht, profitiert am besten von dieser Leistung. Für weitergehende Fragen kann man sich an die Bundesagentur für Arbeit, einen Insolvenzverwalter oder rechtliche Beratungsstellen wenden. Damit lässt sich der Rechtsanspruch auf Insolvenzgeld effektiv nutzen und finanzielle Sicherheit trotz Unternehmensinsolvenz wahren.
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